Kinderkram ist klasse

Ich hab mir einen Raptor gekauft. Als anatomisch korrektes Kuscheltier mit Federn. Adieu, Küchenszene, stelle ich sie mir flauschig vor, sind die Kerlchen aus Jurassic Park nicht mehr ganz so furchteinflößend.

Ach, wem mache ich was vor, der Filmausschnitt ist bis heute spannend! Als elfjähriger Saurierfan flehte ich meine Eltern an, mit mir ins Kino zu gehen (FSK 12). Sie gaben schließlich nach unter der Bedingung, dass mich beide beleiteten und ich keine Alpträume bekäme. Während sich meine Eltern links und rechts immer wieder hinter den Sitzen ihrer Vordermänner versteckten, knabberte ich Popcorn und amüsierte mich königlich.  – Oh, hej, wenn hier Kinder lesen, diese Links sind FSK 12, gell? Pfoten weg! – Mein Vater am nächten Tag beim Frühstück: „Ich hab heute Nacht von Dinosauriern geträumt…“

Mir ist aufgefallen, dass alles, was mich als Kind faszinierte, mir bis heute nachhängt. Da kann ich im Kino sitzen und bei Jurassic World alle Logikfehler ignorieren, solange ich für den T. Rex jubeln darf. Meine Kuscheltiersammlung wird von Jahr zu Jahr größer, ich nenne sie heute nur „Souvenirs“:

Der Kiwi aus Neuseeland

Corporal Flapjack Junior von der Royal Canadian Mounted Police

Und natürlich „Prawa Reca“, meine wortwörtliche und im übertragenen Sinne „rechte Hand“ bei Wolfseminaren
Zwar bin ich nicht dem Youtube-Katzenvideo-Wahn verfallen (aufgewachsen in einer Hundefamilie, hatte ich mit neun einen genauen Plan gezeichnet, wo in unserem Haus eine Katze Platz hätte, samt Konfliktpotential – Hund, Wellensittiche – und einem Zeitplan, wie viel ich mich um sie kümmern könnte. Es hat meine Eltern nicht überzeugt.), aber ich liebe „Simon’s Cat„. 
Und warum auch nicht? Quasi meine ganze berufliche Karriere baut auf Kindheitsträumen auf, heute mehr denn je: Mit zwölf hatte ich meinen ersten „Presseausweis“ von der Jugend- und Umweltzeitschrift „Klick“, die Begeisterung fürs Schreiben und Recherchieren ist untrennbar mit meinem Interesse an Naturthemen verknüpft. Der Hund, mit dem ich die ersten sechs Jahre meines Lebens aufwuchs, der uns beschützte und im Winter unseren Schlitten zog, hieß „Wolf“. Mit elf schickte ich meinen ersten „Roman“ an einen Verlag und bekam eine liebevolle und ermutigende Absage, über deren Formulierung sich die Lektorin offensichtlich viele Gedanken gemacht hat. 
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“, schrieb einst Friedrich Schiller – und es ist das Rollenspiel  gewesen, das mir den Spaß am literarischen Schreiben und meine kreativen Ideen wiedergegeben hat. Welche Runden Angela Merkel wohl früher heimlich geleitet hat? Zumindest meint ein Professor der Psychologie, dass Politiker sicher gute Rollenspieler seien und dass sich die Menschen durch das Spiel so entwickelt haben, wie sie sind – ob das nun gut ist oder schlecht. Und nicht nur Haustiere spielen, wie in dem Interview erwähnt. 2006 im Yellowstone Nationalpark beobachtete unsere Gruppe, wie der Wolf 302M, Spitzname „Casanova„, sich an einem Schneehang auf den Rücken warf, um ihn hinunterzurodeln. 

Leider war er da noch zu weit weg für ein Foto. Hier benimmt er sich wieder „erwachsen“

Nun, wenn Angela Merkel je Rollenspielerin war, wird sie es wahrscheinlich nicht verraten, weil es zu kindisch wirkt. Kindisch – ein echtes Schimpfwort. Zwar klingt es wahnsinnig tiefgründig, wenn man sagt, man wolle das „innere Kind“ bewahren, aber wenn man sich dann entsprechend verhält, ist auch keiner zufrieden. Kinder sind nämlich egoistisch und laut und stören. Aber sie haben auch Ideen, grübeln sich nicht alles kaputt und wollen die Welt verändern.

Nun, mir hat es viel gebracht, mich wieder darauf zu besinnen, was ich als Kind vom Leben wollte. Es hat mich glücklicher gemacht. Damals sang ich schon „Ich wollte nie erwachsen sein“, ohne auch nur eine Zeile richtig zu begreifen. Aber Kinder haben sowieso die tollsten Theorien über die Welt. Resi, die vierjährige Tochter einer befreundeten Familie, beruhigte jüngst meiner Schwester: „Du wirst noch jung. Wenn du eine alte Oma bist, musst auch wieder eine Windel anziehen, und deswegen bist du dann wieder ein Baby.“ Unschlagbare Logik!





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