Kraniche im Odertal

Manchmal wundern sich meine Bekannten immer noch, warum ich freiwillig nach Schwedt gegangen bin. Insbesondere die uckermärkischen, übrigens: Meine Freunde aus dem Westen sind alle ohne jede Vorurteile oder Erwartungen zu Besuch gekommen und waren durch die Bank positiv überrascht. Selbst die Plattenbauten, die die Stadt dominieren, die im Zweiten Weltkrieg zu 85 Prozent zerstört wurde (und manches noch danach), sind ganz passabel, vor allem, weil so viel Grün dazwischen ist.

Grün ist nämlich das Stichwort: Was mich von Anfang an für Schwedt eingenommen hat, als ich als Volontärin herkam, war die Natur – und das im Winter! Jeden Morgen, wenn ich das Fenster öffnete, zogen die Wildgänse schnatternd über das Haus zum Fressen auf die Felder. Das inspirierte mich gleich zu einem Interview mit der Naturwacht: Was machen die ganzen Gänse hier? Tja, lernte ich, die skandinavischen sind nicht solche Warmduscher wie die deutschen Wildgänse. Ihnen ist das Untere Odertal südlich genug zum Überwintern.

Seit fast 20 Jahren ist das Untere Odertal Nationalpark und hat erst seit dem 11. September einen einheitlichen, für alle verbindlichen Nationalparkplan. So widersprüchlich es klingt, erst dadurch, dass ein Teil der Auenwiesen landwirtschaftlich genutzt wird, bilden sie einen Lebensraum für seltene Tiere wie den Seggenrohrsänger, von dem es nur drei in Deutschland gibt – hier.Im Winter werden die Polder geflutet, im Sommer kann man geführte Kanutouren durch die verzweigten Kanäle machen.

Momentan allerdings gibt es nur einen Star im Unteren Odertal: den Kranich. Jeden Herbst machen Tausende von ihnen auf dem Weg nach Süden Rast in den Poldern. So viel Glück auf einmal! Gartz, das etwa 20 Autominuten nördlich von Schwedt liegt, feiert gerade die Kranichwoche mit Führungen und Vorträgen. In der Abenddämmerung stehen Hunderte Vogelliebhaber am Deich und warten auf das spektakuläre Schauspiel, wenn die Kraniche im aufsteigenden Nebel ihre Schlafplätze anfliegen.

Manchmal ist es sogar zu viel des Guten. Dann machen die scheuen Tiere lieber einen großen Bogen um Gartz und suchen sich einen ruhigeren Ort af der anderen Oderseite.

Ja, das Untere Odertal ist ein sehr guter Grund, warum man Schwedt und Umgebung lieben kann.