Heute vor genau einem halben Leben stand ich auf dem Deck des „Milford Wanderer“ und beobachtete das Wettrennen, das sich unser Schiff mit einer Herde Delfine lieferte. Was für ein 20. Geburtstag am anderen Ende der Welt!
Der Herr der Ringe-Hype war in Neuseeland noch kaum ein Thema, auch wenn alle (!) Mitglieder der Reisegruppe das Buch lasen – die Filme waren noch nicht so durch die Decke gegangen (und die Preise für … alles noch erheblich günstiger, wie eine große Kugel Eis für umgerechnet 35 Cent). Den ersten Teil hatte ich gerade im Kino gesehen, und als im Dezember 2002 der zweite mit einem Flug über schneebedeckte Gipfel startete, juchzte ich im Saal laut auf. Das konnte nämlich nur am Aoraki („Himmelsdurchbrecher“) gedreht worden sein.
Ich habe diese Berge aus exakt dieser Perspektive gesehen: beim Hubschrauberflug über die Gletscher, den mir meine Eltern zu meinem runden Geburtstag geschenkt hatten.
Mein 21. Lebensjahr startete dann am 20. Januar früh um 5 Uhr mit einer Runde Sonnenaufgangs-Paddeln im Milford Sound. Selten habe ich so eine Stille erlebt.
Meine große Reise vor Start der Uni, die mich fast noch den Studienplatz gekostet hätte, weil die Einschreibung entgegen der Auskunft des Studienberaters doch vor meiner Rückkehr angesetzt wurde. Mein Vater rief an und erwirkte eine Ausnahme, denn ich hatte die Wandertour extra darauf abgestimmt. Vier Wochen wandern und im Zelt schlafen, einmal quer über die beiden Inseln. Seither ist mir aufgefallen, dass man sich mit jedem, der in Neuseeland war, drüber unterhalten kann, weil alle dasselbe gesehen haben: beim Blackwaterrafting in den Glühwürmchenhöhlen von Waitomo, die Moeraki Boulders von Oamaru, Albatrosse am Taiaroa Head, Wandern am Fuße des Mount Ngauruhoe, der Welt bekannt als Stand-In für den Schicksalsberg, Kanufahren von Strand zu Strand am Golden Bay, Pancake-Rocks, die heißen und erstaunlich farbigen Quellen in Rotorua.
Aufs Bungee-Jumpen in Queenstown hab ich verzichtet und bedauere es nicht. Und ein paar Besonderheiten wie für zwei Tage im Fjordland-Nationalpark ausgesetzt werden und sich durch die Wildnis schlagen in einem Land, in dem es noch nicht mal genügend große Landtiere gibt, um Trampelpfade anzulegen.
Leider steht der Reisebericht nicht mehr online, den ich für ein Magazin verfasst habe. Aber das war Nebensache, ich hätte ohnehin alles aufgeschrieben, wollte alles aufsaugen. Kanada sechs Jahre zuvor blieb als Erlebnis ungeschlagen, ich war älter, bereits geprägt, die Gruppendynamik anders – und es ist nicht dasselbe, wenn du nicht Gefahr läufst, dass dein Zelt vom Grizzly ausgeräumt wird. Aber es war fantastisch bei den Kiwis, Mensch, Vogel und Frucht! Happy Birthday to me mit diesen tollen Erinnerungen! (Und ja, ich werde heute 40. Noch fühlt es sich okay an 🙂 )
P.S. Ich bin übrigens immer noch begeistert von der Qualität, den Farbnuancen und -schattierungen, die die analoge Nikon damals hinbekommen hat. Selbst abfotografiert und so digitalisiert schlagen diese Bilder immer noch, was meine digitale Spiegelreflex heute hinkriegt.
Da hast du jetzt all die 20 Jahre alten Bilder digitalisiert, oder nur eingescant?
Na das war doch ein toller Start ins Erwachsenenalter. Heute – 20 Jahre später – bist du definitiv noch hübscher geworden.
Bin gespannt, was du nach den nächsten 20 (oder 40?) Jahren zu berichten hast.
Happy Birthday, liebe Andrea!!!