Es ist schon ein bisschen seltsam, wenn ich mir vorstelle, dass das, was ich jetzt erzähle, für andere Menschen wie der ultimative Alptraum klingen muss. Seit ich mit 14 meine erste Kurzgeschichte über Wölfe im Wolf Magazin veröffentlicht habe, setze ich mich mit diesen Tieren auseinander, habe mich nebenbei fortgebildet und schließlich selbst mein Wissen weitergegeben. Angst vor Wölfen sitzt bei vielen Menschen tief und nimmt irrationale Züge an, wogegen kaum eine Statistik oder ein wissenschaftlicher Fakt helfen kann. Es braucht viel Geduld und Einfühlungsvermögen, dieses Bild vom bösen Wolf, das über Jahrhunderte geschürt wurde, abzubauen. Leider ist meine alte Branche dabei nicht gerade hilfreich und zieht zu selten den Schluss, dass die Rückkehr der Wölfe momentan hauptsächlich politisch instrumentalisiert wird – dazu hier ein großartiger Atikel, den ich jedem zu lesen empfehle: https://uebermedien.de/36641/nur-noch-eine-frage-der-zeit-bis-ein-journalist-einen-wolf-anfaellt/.
Wenn ich von Wölfen träume, ist es für mich das Schönste überhaupt – und vor allem kommen sie immer dann, wenn ich sie am allernötigsten habe.
Oder eher: Mein Gehirn bedient sich dieses Tricks, um mir im Schlaf Trost zu kreieren, ich bin nicht so ein Fan von übernatürlich-spirituallen Erklärungen. Tatsache ist: Schon zum zweiten Mal hatte ich einen Wolfstraum, als ich dringend Aufheiterung oder Beruhigung brauchte. Zumindest ist es mir zweimal sehr bewusst geworden, ich hatte in der Vergangenheit auch andere, an die ich mich ausgezeichnet erinnere und die ich sehr liebe. Das erste Mal war vor ein paar Jahren, als ich mich vor einer Zahn-OP fürchtete. Die sich letztlich als Kinkerlitzchen rausstellte, vor allem im Vergleich zu der Bandscheibe, die später kam, aber was soll’s. In dieser Nacht schlief ich sehr schlecht und wachte oft auf, aber in der letzten Schlafphase vor dem Wecker geschah folgendes: Ich stand auf einer sanften Mittelgebirgs-Kuppe und sah über die Wiese, die gesäumt war von herbstlich buntem Wald, ins Tal hinunter. Es war meine hessische Heimat und doch irgendwie nicht, denn nirgends gab es ein Haus und auch in meinem Rücken war Wald. Von dort kam das Rudel heran, eine Familie von europäischen Grauwölfen, die mich umringte, ihre Nasen in meine Kniekehlen presste und meine Hände leckte, übermütig, wie sie sonst ein Familienmitglied begrüßt, obwohl ich auf zwei Beinen stand und keinerlei Anstalten machte, mich zu ihnen hinunterzubeugen. Aus diesem Traum wachte ich mit einem Lächeln auf und fuhr sehr viel ruhiger und entspannter zum Zahnarzt, als ich es je für möglich gehalten hätte.