Die Dunkelheit in uns

Vielleicht ein etwas seltsames Thema für den ersten Beitrag im neuen Jahr und einen gemütlichen Samstag bei den Eltern obendrein: Die dunkle Seite der Macht. Oder eher des Menschen. Das ist ein immer wiederkehrendes Motiv in meinen Büchern. In der ein oder anderen Form beschäftigen sie sich oft mit der Frage, zu was ein Mensch fähig ist, wenn er nur weit genug getrieben wird – oder ob das Monster in jedem von uns viel näher ist, als wir wahrhaben wollen. Wie der Joker sagte: „Madness is like gravity … all it takes is a little push.“ Das mache ich nicht mal immer mit Absicht, kann aber dieses Motiv später herausfiltern, ebenso wie die Frage nach Vertrauen verlieren und gewinnen.
 
Jüngst fragte mich ein nahestehender Mensch, der auch einige noch unveröffentlichte Texte von mir kennt, vorsichtig, warum manche so explizite Gewalt beschreiben. Das hat mich etwas getroffen. Als manche Verwandte nach der Veröffentlichung von No Pflock schockiert reagierten („Woher hat das Kind diese Fantasien?“), habe ich gelacht, weil sie das lächelnde Mädchen schlicht unterschätzt haben. Aber dieser Mensch, der das fragte, kannte mich wirklich.
 
Ja, ich beschäftige mich mit diesem Motiv der Düsternis in jedem von uns und zeige, was passiert, wenn sie rauskommt. Wenn wir Leser*innen einem coolen Hund wie Ravic zusehen, der ohne jedes Gewissen tötet, und uns bei unserer eigenen Faszination für diesen Charakter ertappen, fügt das eine neue Ebene zu dieser inneren Auseinandersetzung hinzu. Katharsis vielleicht auch, ungefährlich auf das Papier gebannt. Aber wenn der Eindruck entstünde, die Gewalt selbst sei was Notwendiges oder gar Gutes, statt als Warnung aufgefasst zu werden, hätte ich versagt. Nicht umsonst sagt Ravic selbst, dass Vampire jenseits von Romanen auf einmal nicht mehr so spaßig sind.
 
An die Autor*innen hier: Stellt ihr euch solche Fragen auch manchmal? Ob die (geplante oder ungeplante) Botschaft in euren Büchern fehlinterpretiert werden kann? Ob ihr Angst vor eurer eigenen Fantasie bekommt? Und welche Motive ziehen sich durch eure Werke?
So, das musste jetzt mal aus meinem Kopf raus. Ansonsten werde ich hier bald mehr berichten: Mein Nordsee-Krimi steht vor der Vollendung, ich muss nur noch die drei finalen Kapitel abtippen. Voraussichtlich am 30.4. werde ich eine Lesung von Menschenwolf in der alten Heimat haben und natürlich bin ich auf der Leipziger Buchmesse zu finden, wenn die nicht doch noch abgesagt wird.